Von Mouseslips und der Frage, ob der Bauer vergiftet war


Der TuS Varrel fordert IM Patrick Zelbel im Simultan

Lars Milde, derzeitiger Topscorer unseres DSOL-Teams, hatte ein besonderes Highlight für die Varreler Schachabteilung organisiert. Statt immer nur untereinander in vereinsinternen Blitzturnieren und gelegentlich mal gegen Amateure in der DSOL zu spielen, so meinte Lars, könnten wir unsere im monatelangen Online-Training (hoffentlich) gesteigerten Schachkenntnisse doch auch mal gegen einen waschechten Meisterspieler beweisen.
So fragte Lars seinen Bekannten Patrick Zelbel, ob dieser es nicht in einer Simultanveranstaltung mit dem gesamten TuS Varrel aufnehmen möchte.

Patrick war auch sofort von der Idee überzeugt und so fand sich kurzfristig ein geeigneter Termin an unserem dienstäglichen Vereinsabend.

Der Dortmunder Patrick Zelbel ist ehemaliger Deutscher Meister in den Altersklassen U10 sowie U16 und trägt mit einer Elo-Zahl jenseits der 2400 mittlerweile den Titel des Internationalen Meisters. In den vergangenen Monaten hat er sich auch als Streamer einen Namen gemacht, und zwar auf seinem gemeinsam mit IM Christian Braun betriebenen Twitch-Kanal „Chessbuddies“. Schaut gerne mal rein.

Eben dort hat Patrick auch seine Simultanvorstellung live übertragen. Wer es live verpasst haben sollte, kann sich das zweistündige Video hier nachträglich ansehen.

In Zeiten des noch immer andauernden Lockdowns ist eine derartige Aktion natürlich nur online durchführbar und so fanden sich elf Varreler Spieler auf Lichess ein, um den Meister herauszufordern.

Patrick demonstrierte seine Klasse in souveräner Manier und besiegte Team Varrel deutlich. Doch zwei unserer Jugendspieler brachten den Meister zumindest an den Rand einer Niederlage.

Max Weidenhöfer (1780) - Patrick Zelbel (2443)

„Der Bauer war vergiftet…“ lautet der Titel eines Buches über den berühmten WM-Kampf 1972 in Reykjavik, in dem der spätere Sieger Bobby Fischer Boris Spasskys Randbauern mit seinem Läufer schlug, dieser aber gefangen wurde und Fischer im Match mit 0:2 in Rückstand geriet.

Dieser Bauer auf a7 hingegen war nicht vergiftet, sondern erlaubte Max, materiellen Gleichstand herzustellen.
Wenn Schwarz sich nun normal entwickelt, steht er sicherlich niemals schlechter. Er hat gute Kontrolle über die d-Linie und verfügt über die bessere Bauernstruktur mit einem Mehrbauern im Zentrum (es erscheint unlogisch, dass der schwarze e-Bauer und der weiße a-Bauer beide exakt gleich wertvoll sein sollen, z.B. je einen Punkt).

Was jedoch verlockend wirkt, ist der Zug 11…b7-b6, um den Läufer zu fangen. Doch dies hatte Max einkalkuliert und bewusst eine Falle gestellt. Der schwarze König befindet sich gänzlich ohne Bauernschutz nämlich fortan in stetiger Mattgefahr.

Leider unterlief Max in eindeutiger Gewinnstellung mit 27. Dc4 ein ärgerlicher Mouseslip, woraufhin er die Partie sofort aufgab. Das geplante 27. Db4+ Kc6 28. De7 stellt undeckbare Drohungen auf dem Feld c7 auf, so dass Weiß die Partie gewinnen dürfte. Na gut, nächstes Mal…

So ruhten unsere Hoffnungen auf Niklas, der zwar im vierten Zug bereits eine Figur eingestellt hatte, sich aber plötzlich mit zwei Bauern mehr und erfolgversprechendem Königsangriff in einer sehr aussichtsreichen Stellung wiederfand.

Niklas Sobirey (1158) – Patrick Zelbel (2443)

4. Sxd4 ist nicht ideal, weil es die kleine Taktik 4…e5 mit Bauerngabel und Figurengewinn erlaubt. Der Bauer ist durch das verfügbare Schachgebot 5…Da5+ indirekt gedeckt.

Doch Patrick gab die Figur unfreiwillig mit 20…Sb4 zurück. Zwar ist der c-Bauer gefesselt, doch der Turm von h4 kann sehr wohl auf b4 nehmen.

Im Folgenden stand Niklas sicher klar besser, ohne aber einen sofortigen Gewinn zu finden. Bei sehr knapper Bedenkzeit entschieden sich beide Spieler am Ende für eine dreifache Stellungswiederholung. Ein leistungsgerechtes Remis.

Schaut euch gerne auch die übrigen Partien und das Video an. Es war eine tolle Abwechslung vom Trainingsalltag und ein echtes Highlight, das uns allen viel Spaß gemacht hat. Vielen Dank an Lars für die Idee und Ausführung und an Patrick, der spontan mitgemacht hat.

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